In den meisten Anwendungen wird DECT für Schnurlostelefone genutzt und ersetzt dabei nur das Spiralkabel zwischen Telefon und Hörer. Darüberhinaus kann DECT aber noch viel mehr.
ETSI hat für DECT mehrere verschiedene Profile definiert, die unterschiedliche Anwendungen abdecken sollen.
Die Definition von neuen Profilen ist ein mächtiges Instrument für die kommerzielle Nutzung von DECT und trägt dazu bei, dass DECT stets der technischen Entwicklung und den Marktanforderungen folgen kann.
Public Access Profile (PAP)
Generic Access Profile (GAP)
DECT/GSM Interworking Profile (GIP)
DECT/UMTS Interworking Profile (UIP)
ISDN Interworking Profile (ES und IS)
Radio Local Loop Access Profile (RAP)
CTM Access Profile (CAP)
DECT Packet Radio System (DPRS)
DECT Multimedia Acces Profile (DMAP)
Data Service Profiles (DSPs)
Das PAP war das erste Profil, das für DECT spezifiziert wurde (EN 300 175-9 vom Dezember 1992). Es war für die Verwendung in Telepoint-Netzen gedacht, doch bevor PAP richtig zum Tragen kam, wurde es bereits vom allgemeineren und mächtigeren GAP abgelöst.
Das GAP (aus den technischen Beschreibungen von Schnurlostelefonen bekannt) ist das grundlegende Zugangsinterface. Jedes DECT-Gerät, das normale Telefonie unterstützt, muß GAP implementiert haben. Dadurch wird gewährleistet, daß Geräte unterschiedlicher Hersteller zusammenspielen.
GAP definiert den Zugang zur Sprachtelefonie, inklusive TK-Anlagen und öffentlichen Netzen, wobei hier für private und öffentliche Anwendungen unterschiedliche Anforderungen bestehen.
GAP kann grob in das Mobility Management (MM) und Call Control (CC) eingeteilt werden, wobei viele MM-Funktionen auch von anderen Profilen verwendet werden.
GAP wurde im Standard EN 300 444 veröffentlicht.
DECT ist eine reine Zugangstechnologie. DECT definiert weder die Netzinfrastruktur, noch die Dienste, die über das Netz angeboten werden. Ein solches Netz kann zum Beispiel auf GSM beruhen, wodurch dann über das PP das GSM-Netz angesprochen und die GSM-Dienste (z.B. SMS) benutzt werden können. Das notwendige Protokoll wird im GIP definiert.
Hierbei wird das FP (das aus mehreren RFPs bestehen kann), direkt über das A-Interface an das MSC des GSM-Netzes angeschlossen. Das FP spielt also die Rolle eines BSC, und zwar derart, daß das Netz gar nicht "weiß", daß der Teilnehmer nicht über eine GSM-Funkschnittstelle, sondern über DECT angesprochen wird.
Gegenüber dem GAP muß das GIP noch folgende weitere Anforderungen erfüllen:
Als Einstieg in die umfassende Spezifikation des GIP empfehlen sich die Technischen Berichte ETR 159 und ETR 341 von ETSI.
Ebenso wie über DECT der Zugang zu einem GSM-Netz möglich ist, kann auch auf ein UMTS-Netz zugegriffen werden. Das notwendige Profil ist in den Spezifikationen TS 101 863-1 bis TS 101 863-6 beschrieben.
Das DECT-FP wird über das Iu-Interface an das UMTS Core Network angeschlossen, so dass es für das UMTS-Netz als Radio Network Controller (RNC) erscheint.
Für die Zusammenarbeit zwischen ISDN und DECT wurden drei Profile mit unterschiedlicher Aufgabenstellung definiert: das End System (ES) Profile, das Intermediate System (IS) Profile und das Broadband-ISDN Interworking Profile.
Im End System Profile erscheinen FP und PP zusammen dem Netz als ein einziges ISDN-Gerät. ISDN-Dienste werden über das ISDN-Netz an das FP und von dort zum PP geleitet. Dieses Profil wird z.B. benutzt, wenn ein DECT-Telefon an einer ISDN-Nebenstellenanlage benutzt wird, und das Telefon die ISDN-Dienste nutzen können soll. Das End System Profile ist in EN 300 434-1 und EN 300 434-2 definiert.
Das IS dagegen definiert den Fall, dass das FP und das PP eine transparente Verbindung zwischen dem ISDN-Netz und einem oder mehreren ISDN-Terminals herstellen. Die Terminals sind hierbei am S0-Interface des DECT Intermediate Portable System (DIPS) angeschlossen. Wenn mehrere ISDN-Terminals nun gleichzeitig auf das DIPS zugreifen, können dynamisch mehrere DECT-Zeitschlitze angefordert werden.
Im Falle von Sprachtelefonie erfolgt automatisch eine Umcodierung von den ISDN-typischen 64 kbit/s auf die DECT-typischen 32 kbit/s, so dass nur ein einziger Zeitschlitz pro Sprachverbindung verwendet werden muss. Das Intermediate System Profile ist in EN 300 822 definiert.
Die Spezifikation TS 101 679 definiert die Zusammenarbeit zwischen DECT und Breitband-ISDN.
Das RAP definiert eine drahtlose Zugangstechnologie für die letzte Meile zwischen Vermittlungsstelle und Telefonanschluß. Damit steht dem Telefon-Netzbetreiber eine kostengünstige Alternative zur Verkabelung seiner Kunden zur Verfügung (WLL = Wireless Local Loop oder auch RLL = Radio in the Local Loop).
Im Allgemeinen wird der Telefonanschluß durch eine normale Telefonbuchse in der Wohnung des Kunden realisiert. Von dort führt nicht wie üblich, ein unterirdisches Kabel zur Vermittlungsstelle (oder zum Konzentrator), sondern ein Kabel zum Cordless Terminal Adapter (CTA), sozusagen eine festinstallierte Mobilstation.
Der CTA übernimmt die Funkverbindung zum RFP. Üblicherweise ist der CTA auf dem Dach installiert und besitzt eine Richtantenne, die auf die Position des RFP ausgerichtet ist. Unter günstigen Bedingungen können Entfernungen bis zu 5 km überbrückt werden, bei Verwendung eines Repeaters (Wireless Relay Station WRS) verdoppelt sich diese Entfernung.
Im Dokument EN 300 765-1 wird die grundlegenden Anwendung (Telefonie und Modem) beschrieben, in EN 300 765-2 die weiterführende Anwendungen, z.B. ISDN oder Breitband-Datenübertragung.
CTM bedeutet Cordless Telephone Mobility, die Fähigkeit des Benutzers, sich innerhalb der Netzabdeckung frei zu bewegen (roamen). Das Netz besteht dabei aus mehreren RFPs, die Verbindung wird dabei über die jeweils am stärksten empfangene RFP hergestellt, und evtl. an andere RFPs weitergegeben (Handover).
Das CAP (EN 300 824) definiert die Funktionen für FP und PP in solch einem Netz. CAP basiert auf GAP, definier tdarüber hinaus aber noch Erweiterungen wie z.B. externe Handover, Notrufe und Geräteanzeigen.
Für die paketvermittelte Übertragung von Datenpakten wurde im Standard EN 301 649 der DPRS-Dienst spezifiziert, der einerseits den Zugang zu Datennetzen definiert, andererseits auch die Grundlage für andere Datenprofile sein kann.
DECT unterstützt hier zwei Mobilitätsklassen:
DPRS bildet hierbei die Grundlage für alle paketorientierten Datenanwendungen, unabhängig von der Art des Netzes. DPRS unterstützt die gleichzeitige Übertragung von Sprache und Daten, sowie unterschiedliche Dienstgüten (Priorität, Geschwindigkeit) für verschiedene Datenanwendungen. Typische Bitfehlerraten liegen bei stabiler Funkverbindung unter 10-9. Ein wichtiger Beitrag zur sparsamen Verwendung von Spektrum ist die Tatsache, dass ein Funkkanal nur aufgebaut wird, wenn Daten zur Übertragung anstehen. Der Kanalaufbau erfolgt dabei in weniger als 50 ms. Die erneute Anforderung von fehlerhaft empfangenen Datenpaketen ist ebenso enthalten wie die Authentisierung und Verschlüsselung. DPRS unterstützt Ethernet, Token Ring, Internet Protocol, Point-to-point protocol und V.24. Darüber hinaus unterstützt DPRS auch die direkte Datenübertragung zwischen Mobilgeräten ohne Vermittlung durch eine Basisstation.
DPRS beinhaltet auch die früheren Profile A/B.1, A/B.2, C.1 und C.2, die in den Standards EN 300 435, EN 300 701, EN 300 699 bzw. EN 300 651 definiert waren. Durch Kanalbündelung kann die Übertragungsrate vervielfacht werden, bis zu einem Maximum von 23 Zeitschlitzen in eine Richtung, wodurch 552 kbit/s erreicht werden können. Bei guter Funkqualität kann auf eine höherwertige Modulation geschaltet werden (vorausgesetzt, dass die Endgeräte dies unterstützen), wodurch sich die Datenrate verdoppeln oder verdreifachen kann. Das Maximum beträgt für eine symmetrische Verbindung ca. 1,1 Mbit/s, für eine asymmetrische Verbindung ca. 2,1 Mbit/s.
DMAP kombiniert einige wichtige GAP- und DPRS-Funktionen. Dadurch soll es den Herstellern ermöglicht werden, einfache und billige DECT-Datenmodule zu entwickeln, die für die Datenübertragung im Privatbereich oder in kleineren Firmen verwendet werden können. DMAP definiert LAN-Zugang, Telefonie, Dateitransfer und die Verwendung eines Funkmodems. Für Multimedia-Anwendungen (Sprache und Daten) soll DMAP als de-facto-Standard die gleiche Rolle spielen wie GAP für die Sprachübertragung. DMAP wird in EN 301 650 spezifiziert.
Neben DPRS und DMAP gibt es noch weitere Datenprofile, die alle auf bestimmte Anwendungen optimiert sind. Dieses sind die Profile D.2, D.1, E.2 und F.2
Profil D.2 ist in EN 301 238 definiert und unterstützt transparente Übertragung von isochronen Daten. Video-Telefonie oder verschlüsselte Telefonie wären mögliche Anwendungen für diese Dienste.
Die Dienste, die über das Profil D.1 übertragen werden, entsprechen denen von D.2. Der Unterschied liegt in der eingeschränkten Mobilität: Endgeräte müssen mit ihren festen Parametern im Voraus am FP angemeldet werden. Diese Mobilitätsklasse 1 entspricht also einer geschlossenen Benutzergruppe. Profil D.1 ist in EN 301 239 definiert.
Das Profil E.2 (EN 300 757) definiert die Übertragung von Nachrichten mit niederer Datenrate, z.B. SMS. Optimiert wurde hier im Hinblick auf die Leistungsaufnahme des Endgerätes.
F.2 basiert auf DPRS und ermöglicht die Übertragung von Fax (Gruppe 3 und Gruppe 4), E-Mail, SMS und WWW-Inhalten. Das Profil wird in EN 300 755 definiert.
Die Profile A/B.1, A/B.2, C.1 und C.2 sind inzwischen in DPRS aufgegangen.
Letzter Update: 4. Januar 2003
Nächster Abschnitt: DECT und GSM - Ein Vergleich
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